Letztes Wochenende in Berlin: die ADC Young Masters „Digitale Medien“. Eine zweitätige Seminarreihe für Deutschlands Kreativnachwuchs – organisiert vom Dachverein der kreativen Werber. Die Themen: Medienneutrale Konzeption und alles zu Webdesign, Mobile bzw. Viral Marketing und Virtuellen Welten (hier drüben umschreibt das der ADC sein Programm noch einmal genauer).

Ich war da, um etwas über die Zukunftstrends der Branche zu erfahren. Medienneutrale Konzeption? Klingt spannend, da hat anscheinend jemand verstanden, dass der eigentliche Sinn von Werbung Absatzförderung ist – und wir als Werber also überlegen müssen, wie wir unser Wissen über das Entscheidungsverhalten der Menschen so einsetzen können, dass sich die Leute draußen auf der Straße häufiger für die Produkte unseres Kunden entscheiden. Dazu gehört selbstverständlich auch das Wissen um gutes Webdesign (lies: wie kann ich eine Webseite so gestalten, dass der Besucher alle relevanten Informationen schnell und übersichtlich findet, sie als attraktiv und nützlich bewertet und zum Kauf ermutigt wird). Deswegen war ich da: mal sehen, was die Branchengrößen zu diesem Thema zu erzählen haben.

Vielleicht ist aber die Werbebranche noch nicht so weit. Die meisten Vorträge haben nämlich eins vermissen lassen: den Erfolgsnachweis der präsentierten Projekte. Erfolg wurde – wenn überhaupt – zumeist als „Anzahl erreichter Menschen“ definiert. Tatsächliche Einstellungsveränderungen oder gesteigerte Absatzzahlen als messbare Erfolgsgrößen einer Werbekampagne waren jedoch Mangelware. Ich denke gegenüber einem Publikum, dass sich als die Werbeprofis von morgen versteht, hätte man da schon noch etwas nachlegen können bzw. müssen, um Profis heranzuziehen. Schade eigentlich, dass die meisten Referenten diese Chance eher vertan haben.

Zweieinhalb rühmliche Ausnahmen bei der Professionalität der Vorträge. Die erste halbe war Simone Ashoff, Kreativdirektorin JvM/next, die einen (auch optisch gut aufgemachten) Werkzeugkasten für Digitale Werbemedien zusammengestellt hatte, also ein Toolset aller der Möglichkeiten, mit denen man in Digitalen Medien Aufmerksamkeit generieren und Einstellungen bewegen kann. Die erste ganze Ausnahme war für mich Amir Kassai, GF Kreation bei DDB, der mir mit seinem Vortrag zum Werber-Selbstverständnis aus dem Herzen gesprochen hat: Job der Werber muss sein, die Probleme des Kunden („niemand kauft mein Produkt“) und die Bedürfnisse der Konsumenten („für ein cooles, hochwertiges und nutzbares Auto gebe ich gerne viel Geld aus!“) zusammenzubringen. Alles dazwischen ist ein Vakuum, in dem wir Werber mit unserem Wissen zum Konsumverhalten kanalisierende Verbindungen herstellen können. Eine kleine Rüge muss man Herrn Kassai dafür aussprechen, dass seine Sprache mit der Rede von Schlachten in Teilen schon sehr martialisch war. Das Wettkampfverhalten am Markt kann man auch mit Sportsgeist angehen!

Last but not least: Prof. Joachim Sauter, GF ART+COM mit einem herausragenden Vortrag über Virtuelle Welten und die Gestaltung Interaktiver Objekte und Räume. Als Gestalter mit einem Faible für die Interaktion von Menschen mit ihrer Umwelt erklärt Herr Sauter erst kurz am Anfang, auf welche Arten sich Menschen Wissen und Funktionalitäten erschließen können (explorativ, faktisch, narrativ und ludisch), um in einem sehr spannenden praktischen Teil beachtliches kreatives Talent dabei zu beweisen, wie man dieses Wissen bei der Produktion digitaler Medien und Installationen zielführend einsetzt. In seinen Arbeiten schwingt immer ein Anteil künstlerischer Anspruch mit, der eher auf die Faszination und Anregung der Zielgruppe setzt als rein auf die Umsetzung der von Kunden vorgegebenen Kommunikationsziele. Man sieht, dass Herzblut auch im professionellen Bereich einen Unterschied macht.

Fazit: gute Vorträge sind dadurch geprägt, dass sie die Erwartungen der Zielgruppe treffen. Nicht alle Vortrage des ADC Young Masters „Digitale Medien“ schaffen das gleichermaßen. Die, die es schaffen, faszinieren unglaublich. Wenn sich alle Referenten die Zeit nehmen, ihren Vortrag auf das versprochene Programm maßzuschneidern und tatsächlich die Zukunft der Digitalen Kreativbranche zu präsentieren, kann das Seminar zu einem echten Renner werden. Für mich war es zumindest ganz spannend zu sehen, dass einige der Profis ihr Handwerk exzellent verstehen. Und dass die Erfolgreichen der Branche ihre Ziele mit Herzblut, Begeisterung und leuchtenden Augen verfolgen.