Wie Sie wissen, gehe ich davon aus, dass erfolgreiche Unternehmer nicht nur ein attraktives Angebot für Kunden zusammenstellen, sondern den Kunden auch bewusst zum Abschluss führen. Das ist das, was einen gelungenen Verkaufsprozess ausmacht: Den Kunden auf seine Bedürfnisse ansprechen, ihm ein Angebot für die Lösung zu unterbreiten (das sich für ihn lohnt) und ihm dann einen Preis zu machen, damit er ja oder nein sagen kann.

Wie dieser Prozess in der Praxis aussehen kann, sieht man im folgenden an einem schönen Beispiel. Kurz vorweg: Im hinteren Teil des Verkaufsprozesses versagt der Anbieter kläglich und lässt meinen ursprünglichen Enthusiasmus eine Vollbremsung vollführen. Das Beispiel ist also ein Learning-By-Doing-Beispiel, und zwar dahingehend, welche Fehler man nach Möglichkeit vermeiden sollte. Macht aber nichts, denn aus Fehlern lernt man ja bekanntlich am besten.
 

Zum Beispiel selbst: Vor kurzem bin ich auf eine Anzeige des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aufmerksam geworden. Man sieht einen lächelnden alten Mann, der „12 Manager beraten, 5 Existenzen aufgebaut und 3 Pleiten“ verhindert hat. Alles in der letzten Woche. Die Erklärung folgt direkt darunter: „Curt Brandis (82) gründete den Bremer Senior Service e.V. Er berät ehrenamtlich Unternehmer und Existenzgründer.“

Hm. Klingt interessant: Als Jungunternehmer bin ich für jede Chance dankbar, aus den Erfahrungen der älteren zu lernen. Also noch schnell die Copy überflogen und festgestellt, dass das BMFSFJ eine entsprechende Initiative gestartet hat, um Senioren und deren Erfahrungsschatz mit den aktiven Personen der Wirtschaft in Kontakt zu bringen. Die Website: www.alter-schafft-neues.de.

So weit, so gelungen: Die Anzeige „got me sold“, hat mich also überzeugt. Meine Fragen waren beantwortet (Was kann ich mir erhoffen? Wieviel kostet das? Wo muss ich hingehen, um den Kontakt herzustellen?). Es hat zwar noch einen Zweitkontakt gebraucht, damit ich nach dem ersten Vergessen tatsächlich die Website www.alter-schafft-neues.de aufgerufen habe, wollte dann aber direkt da weitermachen, dass ich mir einen erfahrenen Senior als Mentor suche.

Das Problem: Auf der Website wird alle Überzeugungsarbeit zunichte gemacht. Noch einmal: Die Website hatte mich so weit, dass ich mir einen Mentor suchen wollte. Es war also keine Überzeugungsarbeit mehr notwendig, sondern nur noch, dass ich den richtigen Mentor für mich finden und mit ihm in Kontakt treten kann. Z.B. indem ich auf einer Karte meinen ungefähren Aufenthaltsort angebe, potentielle Mentoren aus meiner Umgebung zur Auswahl präsentiert bekomme und ggf. noch ein paar Tipps, was ich bei der Auswahl und Kontaktaufnahme sowie bei der Zusammenarbeit beachten sollte – mich also sicher durch den Entscheidungsprozess führt.

Und genau da versagt die Website. Statt mir nach der von der Anzeige geleisteten Überzeugungsarbeit den nächsten Schritt, nämlich das Kontaktieren eines Mentors, zu ermöglichen, wird erneut das Programm vorgestellt. Redet das Ministerium über seine Initiative. Gibt es Presseinformationen. Aber – und das ist das tragische – keine Abschlussmöglichkeit für Interessenten, die nach der Anzeige aktiv am Programm teilnehmen möchten. Ein Vergleich: Das ist ein bisschen so, als würde ein Bäcker mit einem Schild vor dem Laden für seine frischen Brötchen werben, und drinnen den Kunden erläutern, warum die Brötchen so frisch sind. Und wie er bäckt. Und warum das toll für den Kunden ist. Und darüber ganz vergessen, dass der Kunde ja eigentlich kaufen will, und er in seinem Laden demzufolge die Brötchen auch verkaufen sollte, die er draußen vor dem Laden anpreist. Mehr ist es nicht.

Man sollte meinen, dass die Kampagnenplaner des BMFSFJ dieses 1×1 des Verkaufens verstanden hätten – und den Kunden, deren Bedürfnisse sie geweckt haben, auch eine Möglichkeit zur Befriedigung derselben anbieten. Schade, dass sie es nicht tun. Hier wird sehr viel Potential für die Kampagne verschenkt und die Geduld der Kundschaft auf eine harte Probe gestellt. Auch wenn die Initiative ein gelungener Dienst an der Gesellschaft ist – die Website ist es leider nicht.